Feigenblätter im Wandel der Zeiten

Im zarten Mannesalter, als sich bei mir Dinge regten, von denen ich immer glaubte, sie seien für eine relativ einseitige Nutzung gedacht, regten und entwickelten sich Wünsche gegenüber Mädchen, die mir mit der Zeit Angst machten. Freihändig küssen hinter Hecken, auf dem Heuboden oder im Holzschuppen beim Versteckspielen, war mir vertraut. Die Hände zu Hilfe nehmen, der Wunsch kam später. Nach der zweiten Ohrfeige beim Küssen wurde mir klar, ohne Zuhilfenahme von List und Tricks passiert nichts. An Ko-Tropfen war damals nicht zu denken. Zum Glück konnten meine Kumpels ähnliche Erfahrungen machen. Wenn ich ernsthaft darüber nachdenke, war das Leben noch einfacher, als ich die Mädels noch doof fand.  

Erfahrene Männer wissen seit uralten Zeiten, wenn sie einen Wunsch an eine Frau haben, ist es stets von Vorteil, ihr einen Wunsch zu erfüllen oder ihr einen Gefallen zu tun.  Dabei ist das Spektrum der Wünsche einer Frau recht weit gefächert. Bei einem Mann ist die Wunschpalette höchst übersichtlich. Essen, Trinken und Liebe führen die Wunschhitliste an. Die Praxis beweist, nicht jeder Wunsch wird erfüllt. Problematisch wird es erfahrungsgemäß immer dann, wenn sich die Anzahl männlicher Begehrlichkeiten auf genaugenommen eine einzige reduziert und nicht mit den weiblichen Begehrlichkeiten übereinstimmt. In solchen Momenten kann die zarte Männerseele dauerhaften Schaden nehmen. Um dies zu vermeiden, überlegt ein Mann, einen kranken Patienten gleich, welche Medizin wohl hilfreich ist. Der kranke Patient nimmt die Medizin selbst. In Falle einer weiblichen Begehrlichkeitsverweigerung empfiehlt es sich die „erwählte Medizin“ der Verweigerin zu spendieren. In den meisten Fällen entwickelt sich aus Verweigerung Begeisterung. 

Diese unbestrittene Tatsache führt unweigerlich zu der Frage: war das schon immer so und wann hat das begonnen? Ich sag es Ihnen.

Eines Tages als die bis dato unbescholtene Jungfrau Eva so ausgestreckt im Garten Eden lag und die wärmenden Strahlen der Sonne ihren nackten Körper ein wundersames Antlitz gaben, möglicherweise war auch das Feigenblatt etwas verrutscht, reckte und streckte sie sich hinterlistig dem nichtsahnenden Junggesellen Adam entgegen und lockte ihn mit Äpfeln, die gar wunderlich anzusehen waren zu sündigen Treiben. Der in solcherlei Hinsicht unerfahrene Adam besah sich das verlockende Obst und biss in die Äpfel. Dieser Biss gab Adam Kraft und ein unwiderstehlicher Trieb erwachte in ihm. Das ist das, was wir heute Triebkraft nennen, die Urtriebkraft. 

Eva wird erstaunt gewesen sein, als ihr etwas entgegen wuchs, was sie bis zu diesem Moment nicht kannte und in dieser Größe noch nicht gesehen hatte. Da packte sie etwas, was uns allen zum Verhängnis werden sollte: die Neugier. Vielleicht packte sie noch etwas mehr, was Adam zunächst mit Staunen und dann mit Freuden zur Kenntnis nahm. Eva wollte sich aber so schnell nicht überrumpeln lassen und forderte von Adam das, was wir im Laufe menschlicher Entwicklung Liebe nennen. Es ist aber nicht anzunehmen, dass Eva Adam fragte: „liebst du mich?“. Adam hätte ja bestenfalls nur antworten können: „wen sonst?“  Selbst wenn die Sonne nicht schien und Eva nicht in selbiger lag, überkam Adam dieses eigenartige Gefühl. Eva wurde Adams Begier auf die Äpfel irgendwann zu viel und sie ging zu ihrem Schöpfer und bat um Hilfe. Da er keinen echten Rat parat hatte, fiel ihm die Migräne ein. 

Adam musste sich etwas einfallen lassen. Er selbst konnte nicht ahnen, was das für Folgen haben würde. Als er wieder einmal Eva im Garten liegen sah und mit seiner Triebkraft kämpfte, konnte er an ihrer Reaktion erkennen, sie migränte. Da kam ihn eine rettende Idee, die uns Männern heute noch zu schaffen macht. Er schenkte Eva ein neues Feigenblatt. Eva war begeistert und von Stund an darauf bedacht, dass Adam ständig neue Feigenblätter besorgen musste, wenn die Triebkräfte verrücktspielten. Selbst wenn das alte noch gut aussah und nicht verwelkt war, musste Adam im doppelten Sinne ran. Diese Unbedachtheit Adams hat eine gewisse Abhängigkeit der Männer von den Frauen über die Jahrtausende bis in unsere heutige Zeit erhalten. Sogar die noch jungen Evas setzen diese List frühzeitig ein. Gut, im Sandkasten reicht es aus, wenn  der kleine Adem der niedlichen Eva seine kleine Schaufel überlässt, damit sie mit ihm spielt. Wenige Jahre später reicht die Schaufel nicht mehr aus, da muss der vor Kraft strotzende Adem schon einen Drink der Flügel verleiht spendieren, um die mit den Wimpern klimpernde Eva nach dem Tanz auf die Blumenwiese bei Mondschein zu locken. Von da an wird es kompliziert. Ein Drink reicht nicht mehr aus, Blumen und danach neuartige Feigenblätter stehen auf der Begehrlichkeitsliste der selbstbewussten Eva. Das Problem, die modernen Feigenblätter sind teilweise wesentlich kleiner, dafür allerdings ruinös teuer oder sie bedecken mittlerweile den ganzen Körper. Diese dämliche Triebkraft zwingt die modernen Adams ständig für Nachschub zu sorgen. Feigenblätter sind eben nicht mehr das, was sie mal waren. 

Das haben Männer der jungen Frau aus Eden nie so ganz verziehen. Männer lassen sich höchst ungern reinlegen. Meist ist es umgekehrt, aber dann ins Gras oder Bett.   Sie wollten sich rächen. Die meisten Versuche endeten weniger zufriedenstellend. Die Meister der Worte starteten die ersten literarischen Racheempfehlungen. Der vom Satan besessene Meister der Magie stiftete Unheil mit seinem:“ Gnädiges Fräulein, darf ich`s wagen?“. Der hinterhältige Typ revanchierte sich auf seine Art nicht mit Obst, sondern mit Schmuck und edlen Dingen an dem ahnungslosen Gretchen. Irgendwann gibt auch die Brüteste aller Schönen nach. Satan gab den Rat, der sich bis heute bewährt hat: „ Du musst mit der Angebeteten solange diskutieren, bis sie mit sich reden lässt.“ Das Reden half. Nach schändlicher Tat verließ er, wie Viele nach ihm, sein Liebchen mit samt den Folgen. Diese perfide Tat brachte Filmfuzzis auf die Idee, sich im Film diesem Thema zu widmen. Und so flimmern täglich Gebrauchsanleitungen der Rache über die Bildschirme. Trotzdem, sämtliche abschreckenden Beispiele haben beide Geschlechter bis heute nicht davon abhalten können, sich gegenseitig zu verführen und zu rächen. 

Dietmar Hörnig