Pferd und Eichhörnchen

Es ist so eine Situation, die wohl jeder schon erlebt hat. Das Kind, oder bei manchem auch der Enkel kommen ganz aufgeregt angerannt und sagen: „Kuck mal, was ich hier für dich gemalt habe!“ 

„Oh ist das aber ein schönes Eichhörnchen.“ 

„Das ist kein Eichhörnchen, das ist ein Pferd,“ wird dann in aller Überzeugung geantwortet. „Ah, ja, ich hatte meine Brille nicht richtig auf, natürlich ist das ein Pferd.“ 

So malt dann das Kind noch viele weitere Pferde, die als solche nur durch eingeweihte Personen zu erkennen sind.

Irgendwann aber ist dann der Zeitpunkt erreicht, an dem man dem Kinde sanft erklären sollte, worum es sich wirklich handelt. Dass die zwei hervorstehenden Zähne, die zarten Pfötchen und hauptsächlich der sehr hochragende buschige Schwanz keinesfalls typische Pferdemerkmale darstellen. Man könnte dann sachte einige Korrekturen einfordern, damit die Identifizierung des Dargestellten auch durch nicht unmittelbar involvierte Menschen eindeutig möglich ist.

Bei Vielen wird die Frist, in der die Einsicht des Kindes in notwendige Bildveränderungen noch vorhanden ist jedoch versäumt. Das Ganze hat sich festgesetzt, sozusagen chronifiziert. 

Das Kind kann nicht mehr erkennen, warum sein Pferd, das nach altbewährter Schablone geschaffen wurde plötzlich keines mehr sein sollte, sondern ein Eichhörnchen. Es wird sich abwenden von demjenigen der behauptet sein Pferd wäre ein Eichhörnchen. Es sind ringsum noch genügend Leute die die These vom schönen Pferd stützen. 

Tja, wenn die Zeit verpasst ist, wird derjenige bis ins hohe Erwachsenenalter darauf bestehen, für sein gesamtes noch so realitätsfernes Handeln Bestätigung und Lob zu erhalten. Dafür werden sich immer Leute finden. 

Sollten in solcher Art vorgebildete Personen in Amt und Würden gelangen, und das ist leider inzwischen häufig der Fall, wird es schwierig. Es wird dann deutlich ersichtlich, wenn zum Beispiel ein Minister seinen lange angekündigten feurigen Araberhengst zäumt, um die Wirtschaft damit aus dem Dreck zu ziehen. 

Nach nur kurzem Betrachten der Sachlage wird jedem sofort klar, der besagte Hengst ist gar kein Pferd, es ist ein Eichhörnchen. Man sieht sogar, es versteckt gerade seine Nüsse. 

Das Ganze geht mir allmählich schwer auf dieselben.

Frank Schwarz